»Das Altamiracafé als Produkt eines endzeitbewußt(los)en Querschlägers in den Startblöcken der 80er: Der Text ist gewissermaßen altgedient, seine Halbwertzeit war abgelaufen, nachdem ihn Hamburger Lyroren in der BUCHHANDLUNG WELT halbohrig zwischengelagert hatten.
Nun also – was anderswo nicht gelingt – die Rettung vor der Endlagerung: HEL wußte damals schon mehr als daß der Geigerzähler kein Orchestermitglied ist, daß Angst in MilliREM gemessen wurde, daß sich die vermeintlich Todgeweihten die Knöchel gebrochen und hernach selten wieder Fraktur geredet haben … noch heute, da ein Sprengkopf nach dem anderen KKW gerecht auf Brennstablänge gezogen wird, ist die Stimmung Stärke 7 auf der nach oben offenen Morbiditäts-Skala.« (Aus dem Nachwort von Johannes Oestreich)
»Anfang Dezember lernte ich auf einer Lesung im „Subrosa“ (Kiel, Gaarden) den Berliner Autor HEL kennen. Wie im Vortrag so auch auf dem Papier sticht der Leser- und Hörerschaft zunächst eines ins Ohr und Auge: HEL reimt! Doch wer Beschauliches in hübschen Versen erwartet, wird schwer enttäuscht. Eine bizarre Party ist es, die HEL im „Altamiracafe“ zelebriert, aufgeschrieben in den Jahren 1982-84, als das politische Bewußtsein noch nicht so träge und die Katastrophenstimmung noch nicht mit bunten Ablenkungstricks zu beruhigen war. Alarmierend aktuell im Erscheinungsjahr ’97. Da finden sich Mutanten und Freaks, religiöse Führer und Politiker, ein „verwahrloster menschenclub“ in der Endzeitkneipe, verrichten ihre grotesken Werke, wartend auf Nichts. Harte Worte in gebundener Sprache mit bildhaftem Gespür für Apokalypse.« (Sabine Lippok, Wortwahl 4)
»Ein Asexerl aus der Reihe „Schöner Lesen“ mit aberwitzigen Illustrationen des Autors höchstselbst. Im Nachwort stellt Johannes Oesterreich fest, daß hier „die Allroundkrise lyrisch bekleckert wird.“ HEL reimt wie ein Kamikaze-Romantiker, der Leser muß sich dematerialisieren lassen: er schwebt im HELium-Universum. Oder wie es noch so ermutigend im Nachwort heißt: „die Rezipienten kriegens obendrauf, und dann dürfen Leute wie HEL endlich das geistige Ozonloch öffentlich zunähen.“
Bei HEL-Texten wird man neurotisch. Der Sinn bleibt im Unterbewußtsein des Dichters. Die Wortsalven, die er gegen uns entfacht, sind gnadenlos. Er ist eine Mischung aus François Villon und Carl Einstein. Was er uns sagen will, sagt er nicht. Der Leser leidet, aber er tut dies mit Überzeugung. Da erwartet uns ein „affe der alle zu sich lockt / sie aburteilt und / mit fransigen mund / ihre ärsche ausleckt.“ Das ist als ob man mit dem Stinkefinger um Anhalter buhlt; wer so einen mitnimmt, darf sich nicht beschweren. Immerhin lautet die alles entscheidene Frage: „wer wüü mit mir spüün?“
Ein Lyrikmutant, der Dr. Jekyll herausfordert und uns „knirschend“ tröstet: „Die Krise ist familiärer Natur.“ Da steht die Bibel kopf: „Wer sich vermehrt / der lebt verkehrt.“ Und das lyrizistische Ich ist „zum kämpfen zu schlapp zum sterben zu stark.“ Der arschleckfixierte Affer verhöhnt uns: „es kommt auf hundert nicht einer der den Schwindel durchschaut.“ Ein Inferno aus Bildungstreibgut und aktuellen Brandsätzen – hier werkelt ein lyrischer Pyromane. Anspielungen ohne Ende, auch Dante und Breughel werden beschworen. Schlimmer kann`s nicht kommen. Rette sich, wer liest! Wir erleben hier „alle hölle in spe!“« (Karl-Heinz Schreiber, S.U.B.H. 25)